"Obwohl sie ganz genau wissen, dass nach all den Milliarden für diverse Konjunkturpakete und Rettungsschirme
wahrscheinlich das Geld für die kleinste denkbare Steuerreform fehlen wird.
Doch das stört sie nicht, das hat noch nie jemanden gestört. Dabei ist die große Steuerreform eine Verheißung,
die sich noch nie erfüllt hat und auch nie erfüllen wird.
Denn die Geschichte der Steuerreformen in Deutschland ist eine Geschichte des Scheiterns...
Unser Ziel ist es, ein gerechtes, einfaches und überschaubares Steuersystem zu schaffen”
– den Satz hat kein Unionskanzler oder FDP-Vorsitzender gesagt,
er stammt aus der ersten Regierungserklärung Willy Brandts im Jahr 1969.
Es hat unzählige Reformvorschläge gegeben, diverse Kommissionen haben dickleibige Berichte geschrieben.
Und jede Regierung hat dann ihre Reform versucht. Aber der große Wurf ist niemandem gelungen.
Alles ist Stück- und Flickwerk geblieben... Der Widerspruch zwischen Transparenz und Gerechtigkeit ist unauflösbar.
Je simpler ein Steuersystem ist, desto ungerechter ist es,
weil es alle über einen Kamm schert und Sonderbelastungen ausblendet.
Je mehr Einzelfallgerechtigkeit es schaffen möchte, desto komplizierter und weniger durchschaubar wird es.
In Deutschland ist im Bemühen, möglichst viel Gerechtigkeit zu schaffen, ein ganzer Dschungel
an Ausnahmen entstanden, der ein Heer von Steuerberatern und Fachanwälten ernährt.
Das Versprechen, diesen Dschungel zu lichten, gehört ebenfalls zum Ritual jeder Steuerreform.
Auch dieses Versprechen ist nicht einlösbar", SZ, 16.01.09.