Bekam ein denkender Mensch [die Reden] zu lesen so mußte er lächeln...
Hörte aber ein denkender Mensch zu, wenn Lueger redete, dann half es gar nichts ein denkender Mensch zu sein,
dann vergingen einem die eigenen Gedanken, dann war man von einer elementaren Gewalt ergriffen und wehrlos mit fortgerissen.
Die Anziehungskraft, die Lueger auf H. ausübte, liegt eindeutig in seiner ganz speziellen Wirkung auf ein Massenpublikum.
An Luegers Beispiel erörtert er in M.K. den politischen Wert der Gewalt der Rede, schreibt über die Zauberkraft des gesprochenen Wortes und...
über die Brandfackel des unter die Masse geschleuderten Wortes.
Je bescheidener ...ihr wissenschaftlicher Ballast ist, und je mehr sie ausschliesslich
auf das Fühlen der Masse Rücksicht nimmt, umso durchschlagender der Erfolg.
Bei der geringen Denkfähigkeit der breiten Masse müsse ein guter Redner vereinfachen...
Da kommt dieser Mann und schlachtet -weil ihm sonst alle anderen Künste mißlingen - vor der aufheulenden Menge einen Juden.
Auf der Rednertribüne schlachtet er ihn mit Worten, sticht ihn mit Worten tot...
Lueger verstand es perfekt, den Frauen zu schmeicheln und sie mit Einsatz seines nicht unbeträchtlichen Charmes bei Laune und bei der Arbeit zu halten.
Am Beispiel des schönen Karl konnte der junge H. auch studieren, wie ein charismatischer Politiker es schaffte, die Kritikfähigkeit von Frauen einzuschläfern
und sie zu willigen und euphorischen, opferbereiten Arbeitskräften zu machen.
Immerhin waren diese Frauen durch ihre oft schon langjährige Arbeit in den Pfarreien diensteifrigen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit gewohnt.
Ohne andere Hilfsmittel als die seiner kecken Rede hat er Stadt und Land an sich gerissen und ihre Vertretung geformt nach seinem Bilde...
So wurden die Weiber, die auf ihre Würde und Macht vom 'schönen Karl' aufmerksam gemacht wurden, in einem förmlichen Jubelrausch hineingehetzt.
Zahllose Versammlungen fanden statt und als piece de resistance erschien dann 'Er', mit frenetischem Beifall begrüßt...
Jedenfalls erlebte dieser in Wien die euphorische, geradezu hysterische Aufopferung von Frauen für einen charimatischen Politiker.
Es ist ebendiese Frauenrolle, die er später ebenso meisterhaft für seine politischen Zwecke einsetzte.
Um 'seine' Frauen für sich zu gewinnen, schmeichelte er ihnen - aber er akzeptierte sie stets nur als Dienende und nie als Partner.
Die Parallelen zwischen Luegers politischem Stil und dem des späteren Reichskanzlers H. sind gar nicht zu übersehen"
aus B. Hamann: Hitlers Wien, S. 393, 394, 396, 407, 408, 409, 412, 420, 432, 537 ff.