Erich Feldmeier hat sein erstes Buch herausgebracht, in dem er sich konsequent für Anders-Denkende einsetzt und angesichts von Klimakatastrophe, Wirtschaftskrise und Sozialkassen-Unterfinanzierung ein kollektives Umdenken fordert. Es finden sich zahlreiche Hinweise, 'wie Innovationen dennoch gelingen können'.
WAS
Es ist gleichzeitig die vehemente Forderung nach "guter Führung" durch
wahre Führungskräfte, die nicht nur ihr eigenes Wohl im Auge haben. Er
will mit seinem Buch die Muster des Fehlverhaltens offen legen und gibt
Anregungen, wie Entscheidungen bewusster getroffen werden können. Dabei
setzt der vielseitige Diplom-Biologe vor allen Dingen auf seine
"Kollegen" - die MINTs.
Hinter dieser Abkürzung verbergen
sich im weitesten Sinne die Naturwissenschaftler: Mathematiker, Informatiker,
Naturwissenschaftler und Techniker – diejenigen, die in jedem Unternehmen eher
als Sonderlinge gelten und häufig genug mit ihren Ideen schnell an Grenzen der
"Andersdenkenden" stoßen – zumeist die kaufmännische Abteilung.
Feldmeier nennt sein Buch im Untertitel auch einen "Innovations- und
Karriereführer für die MINT-Berufe". Er unterteilt es in sieben Siegel
sowie fünf Schlüssel.
Mit den
sieben Siegeln benennt Feldmeier viele nachvollziehbare Gründe, warum die Welt
so aussieht, wie sie ist. Er vertritt die Meinung, dass Menschen sich in ihrem
Wesen nie ändern. Im ersten Siegel zeigt er auf, wie Entscheidungen getroffen
werden und warum sie so und nicht anders ausfallen: "Der Alltag ist
unbestechlich" – sowohl in der Gesellschafts- wie auch in der
Unternehmenskultur.
Im zweiten
Siegel nennt er als wesentliche Innovationshürden die Gruppen-Bildung und das
Gruppen-Denken – Der Mensch ist nicht dazu geboren, innovativ zu sein, sondern
ein Gewohnheitstier. Das dritte Siegel setzt sich mit der Abgrenzung des
Einzelnen auseinander: Wie will / soll sich der Einzelne von der breiten Masse
abheben, wenn er doch genauso ein Gewohnheitstier ist? Doch zum Fortkommen der
Menschheit sind Individuen zwingend notwendig, die bereit sind, genau diesen
Schritt zu wagen.
Im vierten
Siegel zeigt Feldmeier auf, warum Andersdenkende immer wieder gebremst und
ausgegrenzt werden. Er weist nach, dass sich Menschen vor allem in Krisen- und
Dilemma-Situationen oder bei schlechter Führung evolutionär unvernünftig
verhalten, wenn es ihnen kurzfristig nutzt (oder zu nutzen scheint), auch wenn
das Team (die Menschheit) untergeht. Deshalb könnten Entscheidungen aus
langfristiger Sicht trotz kurzfristigem Erfolg falsch sein.
Bestes
Beispiel ist die "Geiz ist geil"-Mentalität: Wenn ein neuer
Kühlschrank her muss, wird zuerst auf den Preis geschaut. Auch wenn langfristig
ein im Anschaffungspreis teureres Modell durch niedrigen Energieverbauch
günstiger wäre, wird in den meisten Fällen das Kühlgerät mit dem vermeintlich
günstigsten Anschaffungspreis gekauft.
Im fünften
Siegel zeigt der Autor die Grenzen der Wahrnehmung auf: Denken ist anstrengend,
deshalb schaltet das Gehirn auf den sparsamen Autopilot-Modus. Dann sind viele
Routine-Tätigkeiten sehr effizient möglich, aber nicht Innovation, Wahrnehmung
oder Kreativität.
Im sechsten
Siegel veranschaulicht Feldmeier mit Einblicken in die Hirnforschung, warum
jedes menschliche Gehirn einen seltsamen Begründungszwang hat, sich Dinge
zurechtzulegen, die nicht stimmig sind. Außerdem werden nicht nur in der
heutigen westlichen Gesellschaft Anpassung und Verdrängen belohnt. Das siebte
Siegel widmet sich der Aufmerksamkeits-Ökonomie: Reden wird als
Universal-Werkzeug eingesetzt, auch wenn es noch so überflüssig ist. Wer sich
am besten darstellt, wird unabhängig von seiner Leistung belohnt.
Nachdem er
zunächst aufgezeigt hat, warum was nicht funktioniert, bietet Feldmeier im
zweiten Teil des Buches fünf Schlüssel zur nachhaltigen Verhaltensänderung an.
Der erste Schlüssel sei die Akzeptanz der Vielfalt: "Wir müssen Vielfalt
im Alltag massiv fördern, weil sie uns den meisten Nutzen bringt. Nur zusammen
sind wir zu höheren Leistungen fähig", so Feldmeier.
Der zweite
Schlüssel besteht in den wahren Werten. Dazu gehören laut Feldmeier
Sozial-Kapital, Emotionen, Gefühle, aber genauso Erziehung, Bildung und
"nützliche Arbeit", die in Entscheidungs-Abwägungen, privat wie auch
gesellschaftlich und ökonomisch, einbezogen werden sollten. Als dritten
Schlüssel sieht er die Akzeptanz von Anders-Artigkeit sowie die grundsätzliche
Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen oder Vorgehensweisen. Die Fähigkeit
zur Selbstkritik, der vierte Schlüssel, steht damit in unmittelbarem
Zusammenhang.
Der fünfte
Schlüssel ist für Feldmeier die Übernahme von Verantwortung: "Es reicht
nicht aus, immer auf die anderen zu warten, die sich zuerst ändern
sollen", so der Biologe. Jeder sei mitverantwortlich und müsse seinen Teil
dazu beitragen, die Welt ein kleines Stück zu verändern. Wegsehen und abwarten
ist für ihn keine Lösung.
Als Fazit
fordert er alle dazu auf, "den wirklichen Dingen Leben einzuhauchen und
uns bewusst zu machen, dass es Dinge gibt, die einen Wert haben, auch wenn sie
keinen darstellen." Schließlich müsse man den Nachfolgergenerationen mehr
hinterlassen als Dutzende DVD-Formate.
WER
So gesehen
ein Buch, das nicht nur für Vertreter der MINTs geeignet ist. Ganz im
Gegenteil: Gerade Vertreter der klassischen Killerphrasen ("Das haben wir
schon immer / noch nie gemacht, das geht uns nichts an, dafür haben wir keine
Zeit, das geht nicht, das ist falsch, das ist zu teuer"), wird das Lesen
dieses Buches empfohlen – um vielleicht schon in naher Zukunft einen
innovativen Mitarbeiter zu fördern. Führungsnachwuchskräften kann dieses Buch
als Grundlage für zukünftige Entscheidungen dienen.
Erich Feldmeier stammt gebürtig aus
Regensburg. Er studierte in Regensburg Molekularbiologie sowie an der LMU
München Organisationspsychologie und Wissensmanagement. Nach Ausflügen in die
Berater-, Bildungs- und Medienbranche ist er heute in der Personal- und
Organisationsentwicklung tätig. Darüber hinaus hat er Lehraufträge an der HAW
Hamburg. Er ist verheiratet und lebt in Hamburg.
WIE
Sonntags Reden, montags Meeting - Wie Innovationen dennoch gelingen
Erich Feldmeier
Alert-Verlag Berlin, 1. Aufage 2010
ISBN 978-3-941136-05-2, 191 Seiten, Pries: 24,- €
früherer Artikel auf Netzwerk-Gemeinsinn.net:
"Handeln wider besseren Willen " (21.01.2009)
Kontakt
Redaktion
Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, Sie müssen Javascript aktivieren, damit Sie es sehen können
|
mehr als ein Appell
Geschrieben von: Erich Feldmeier () am 11-01-2011 09:32