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Management auf dem Rückzug in vorindustrielle Zeiten
Standpunkt: Markus Wendt und Erich Feldmeier über Massenentlassungen als Unternehmensstrategie
VDI nachrichten, Düsseldorf, 18. 11. 05 - ws Stellenstreichungen und Budgeteinsparungen scheinen für viele Manager die geeignete Lösung, um im Wettbewerb auf Augenhöhe mit der Konkurrenz zu bleiben. Diese Strategie führe bei Mitarbeitern zu Frust und Verweigerung, meinen Markus Wendt und Erich Feldmeier vom Human Capital Club im folgenden Beitrag. Innovationen entstünden durch Wissen und Kreativität. Quelle hierfür seien motivierte und nicht frustrierte Angestellte.
Viele Unternehmenslenker unterbreiten ihren Mitarbeitern eine traurige "Wahrheit", damit sie im Wettbewerb auf Augenhöhe mit der Konkurrenz bleiben: "Um unseren Betrieb in dieser Krisenzeit auf Kurs zu halten, müssen wir auf die Kostenbremse treten." Oder: "Schönen Dank, ihr müsst gehen!"
Restrukturierungen, Budgetkürzungen und vor allem Massenentlassungen wie bei Telekom, Mercedes und Allianz stehen auf der Tagesordnung. Die erhofften positiven Kosteneffekte solcher Maßnahmen sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Studien aus verschiedenen Branchen weisen schon seit einigen Jahren darauf hin, dass gerade in Krisenzeiten Fehler gemacht werden, die dem langfristigen Erfolg eines Unternehmens schaden.
Während die einen Betriebe über lange Zeit kontinuierliche Personalarbeit betreiben, stehen bei den anderen immer wieder Stellenstreichungen und Budgeteinsparungen im Personalbereich auf dem Programm.
Die Ergebnisse überraschen nicht: In Unternehmen mit kontinuierlicher Personalarbeit ist die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Arbeitgeber mit über 82 % deutlich höher als in den Vergleichsbetrieben (58 %). Auch die Attraktivität als Arbeitgeber leidet unter einer Politik des Kosten-und Personalabbaus: Nur knapp 54 % der Mitarbeiter können sich vorstellen, Bekannten und Freunden ihren Arbeitgeber zu empfehlen. In Betrieben mit kontinuierlicher Personalpolitik sind es 67 %.
Mit dem Abbau steigt die Wechselbereitschaft der Mitarbeiter. Gerade bei Hochschulabsolventen ist die Neigung, den Arbeitgeber zu wechseln, mit 10 % mehr als doppelt so hoch wie in den Vergleichsbetrieben. Kündigt der Mitarbeiter tatsächlich, wird es richtig teuer: Der Weggang einer Führungskraft und die Neubesetzung der Stelle schlägt nach aktuellen Schätzungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Schnitt mit rund 200 000 € zu Buche.
Stehen in Krisenzeiten nur harte Fakten und Kosten im Mittelpunkt, kommt es unweigerlich zum Zielkonflikt. Mögliche Folgen: Vertrauensverlust, sinkende Zufriedenheit, geringere Betriebsverbundenheit, innere Kündigung und höherer Krankenstand. Kurz: Die Effizienz des Unternehmens leidet. Wo grundlegende Prinzipien der Führung verletzt werden, sind die Fehlzeiten fast dreimal so hoch wie in Betrieben, in denen dies nicht der Fall ist.
Was aber ist immer noch gängige Praxis? Seit mehreren Jahrhunderten wird fein säuberlich die Abschreibung jeder Schraube und jeglichen verbrauchten Rohstoffs in Kostenstellen erfasst. Weitere Produktionsfaktoren wie Führungsstil, Vertrauen und Respekt sind in Buchhaltungssystemen nicht vorgesehen. Die Ochsengespanne aus vorindustriellen Zeiten sind noch heute in Unternehmen des 21. Jahrhunderts im Einsatz. Investitionen zum Erhalt oder gar zur Steigerung von Kapitalwerten sind in jedem Bereich eines Unternehmens selbstverständlich - mit Ausnahme des Kostenfaktors Personal natürlich.
Die wirkliche Basis für die dringend notwendigen Innovationen am Hightech-Standort sind jedoch Wissen, Kreativität und Motivation. Diese für das Unternehmen existenziellen Werte werden aber von Mitarbeitern nur dann geliefert, wenn Innovationen erwünscht und anerkannt werden und sich langfristig individuell bezahlt machen.
Laut Erhebungen des Gallup-Instituts aus dem vergangenen Jahr sind nur rund 13 % der Mitarbeiter vollkommen zufrieden und aktiv für ihre Firma engagiert. Diese und andere Studien belegen, dass der Offenbarungseid in der traditionellen betrieblichen Kostenrechnung unmittelbar bevorsteht. Psychologische Feldstudien zeigen zudem, dass sich Menschen in Organisationen vorhersagbar selbst blockieren und sogar selbst schädigen, wenn ihr Gerechtigkeitsempfinden verletzt ist.
Im Human Capital Club vertreten wir die Meinung, dass die drastischen Auswirkungen des Produktivitätskillers Motivationslosigkeit volks- und betriebswirtschaftlich bewertet und die Ursachen nachhaltig bekämpft werden müssen.
Ein Unternehmen hat zwei Alternativen, darauf zu reagieren: durch Kostensenkung oder Innovation. Unternehmen entsorgen typischerweise Personal, weil das die schnellsten und größten Einsparungseffekte ergibt. Ein Drittel der Unternehmen muss jedoch binnen 18 Monaten wieder Personal einarbeiten und eingliedern - die Stimmung bleibt nachhaltig schlecht.
Natürlich können Kostensenkungen zu kurzfristigen, erheblichen Produktivitätssteigerungen führen. Für die breite Masse an Unternehmen, so etwa im Einzelhandel, im Handwerk, in der Landwirtschaft und in der Automobilindustrie, ist dies eine Sackgasse. Die Einsparungs-Phantasmen eines Ignazio Lopez bescherten Opel eine zehnjährige Qualitäts-und Marken-Krise. Die Preisschlachten führen in eine stetige Abwärtsspirale, die die Überlebensfähigkeit von vielen Betrieben gefährdet.
Grundregeln für erfolgreiches, mitarbeiterorientiertes Krisenmanagement könnten lauten: Unternehmen dürfen nicht den Fehler machen, ihre Mitarbeiter nur als Kostenverursacher zu sehen. Veränderungsprozesse sind nur dann erfolgreich, wenn weniger die Strukturen und Kosten im Mittelpunkt stehen, sondern die Menschen. Ihre Ideen und ihr Engagement sind der Schlüssel für herausragende Leistungen und zufriedene Kunden.
Management und Belegschaftsvertreter sollten einen innovativen Kontrakt für Beschäftigung und Produktivität erarbeiten. Personalabbau kann nur das letzte Mittel sein. Gefordert sind neue marktgerechte Konzepte bei Arbeitszeit, Gehalt und Qualifikation. Statt Arbeitsplätze wegzurationalisieren, ist mehr Fantasie gefragt, um die vorhandene Arbeit besser aufzuteilen.
Notwendige Anpassungsmaßnahmen sollten den Beschäftigten umfassend und zeitnah erklärt werden. Beschwichtigende Äußerungen und Dementis, die schon am nächsten Tag durch die graue Wirklichkeit eingeholt werden, nützen niemandem. Offenheit schafft Vertrauen.
Wer im Kampf um Kunden, Märkte und Produkte vorne sein will, muss seinen Mitarbeitern bedarfsgerechte Entwicklungsmöglichkeiten und Fortbildungen bieten. Kosteneinsparungen nach dem Rasenmäher-Prinzip gehen nach hinten los.
Um Unternehmen für Kunden und Geschäftspartner attraktiver zu machen, bieten sich z. B. innovativere Produkte, Dienstleistungen und Services an. Hierzu brauchen sie wiederum motivierte Mitarbeiter.
Das alles sind Faktoren, die Unternehmenslenkern nicht unbekannt sind und in Sonntagsreden immer wieder heruntergeleiert werden, ohne dass ihnen letztlich Leben eingehaucht wird. Die Umsetzung im Firmenalltag sieht meist so aus: Als Breitband-Antibiotikum werden Team-Sitzungen verordnet, in denen die Zielkonflikte im wahrsten Sinne des Wortes ausgesessen werden. Ein weiteres modern anmutendes Zeitvernichtungsinstrument ist der Austausch von jährlich etwa 4000 PowerPoint- und Excel-Grafiken, die in Datenfriedhöfen gelagert und ernsthaft als Wissensmanagement bezeichnet werden.
Trotz tickender demografischer Bombe leistet sich die Deutschland AG wie selbstverständlich ein brachliegendes Humankapital von 5 Mio. "Mitarbeitern", scheinbar unkündbar angestellt bei der Bundesagentur für Arbeit. Bei einem Umsatzpotenzial von 100 000 € pro Mitarbeiter bedeutet dies eine Minderung des Bruttoinlandsprodukts von 500 Mrd. €. Die Quittung für eine solche Verschwendung von Humankapital folgt regelmäßig auf dem Fuß: schlechte Pisa-Werte als Folge des Anwachsens bildungsferner Schichten und ächzende Sozialsysteme.
M. WENDT/E. FELDMEIER
Dr. Markus Wendt und Erich Feldmeier sind selbstständige Unternehmensberater und leitende Mitglieder des Human Capital Club e.V. (HCC).
Der Human Capital Club
Mensch im Mittelpunkt
Im Jahre 2002 gründeten der Wirtschaftspsychologe und Personaldirektor Peter Friederichs, der Sozial- und Wirtschaftspsychologe Dieter Frey sowie Dr. Martin Schütte, ehemaliges Vorstandsmitglied der Bayerischen Hypo-Vereinsbank AG, gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern den Human Capital Club e.V. (HCC). Der Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, den Stellenwert der Mitarbeiterorientierung und -förderung zu steigern. Wirtschaftliche Aspekte sollten nie losgelöst von humanitären Gesichtspunkten gesehen werden.ws
Das Spiel mit dem Feuer
Personalabbau: Zwischen Gewinnrechnung und Vertrauensverlust
VDI nachrichten, Düsseldorf, 18. 11. 05 - Was auch immer Top-Manager mit ihren Ankündigungen von Massenentlassungen bezwecken - in vielen Belegschaften wachsen Verunsicherung und Unzufriedenheit. Nur wenige Betroffene blicken optimistisch in die Zukunft. Es gibt allerdings auch Ausnahmen, Helmut Rücker etwa.
Wir müssen mit weniger mehr erreichen!" Dieter Zetsche meint damit neben verbesserter Produktivität und mehr interner Kooperation auch den Abbau von rund 8500 Stellen. Was der Mercedes-Chef da zum Besten gibt, könnte tendenziell auch von einem seiner Kollegen aus einem anderen Konzern stammen.
Handelt es sich dabei um ernst zu nehmende Aussagen oder ist es nicht mehr als wildes Säbelrasseln? Dr. Marcel Erlinghagen, beim Institut Arbeit und Technik in Gelsenkirchen zuständig für den Forschungsschwerpunkt Entwicklungstrends des Erwerbssystems, fasst die Zetsche-Strategie in einen wissenschaftlichen Zusammenhang: "Wir haben Daten analysiert, die einen Überblick über freiwillige und unfreiwillige Firmenaustritte geben und die für den Zeitraum von 1985 bis 2001 gültig sind. In diesen 16 Jahren hat sich die Arbeitsmarktmobilität nicht wesentlich verändert, und das, obwohl dies eine turbulente historische Periode war."
Hinzu käme, dass der deutsche Arbeitsmarkt auch im internationalen Vergleich viel beweglicher sei als in der aktuellen Standortdebatte angenommen werde. "Vor diesem Hintergrund ist zu bezweifeln, dass die beinahe täglich durch Großunternehmen angekündigten Massenentlassungen mehr als ein vorübergehendes Phänomen sind. Sicherlich ist ein Teil dieser Ankündigungen Produkt eines stetigen Strukturwandels, der für die individuell Betroffenen ohne Zweifel schmerzlich, aus gesamtgesellschaftlicher Sicht jedoch wünschenswert ist."
Darüber hinaus gelte zu bedenken, so Erlinghagen, dass die Androhung von Entlassungen keineswegs auch deren reale Umsetzung bedeuten müsse. Abgesehen davon, dass Entlassungsankündigungen ein probates Mittel der Aktienkurspflege sein könnten, sei durchaus vorstellbar, dass solche Hiobsbotschaften die Kompromissbereitschaft und Gefügigkeit von Belegschaften etwa hinsichtlich Lohn- oder Arbeitszeitfragen erhöhen sollen.
"Diese Angststrategie mag aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kurzfristig erfolgreich sein, aus volkswirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Sicht ist dies jedoch ein Spiel mit dem Feuer. Die Zunahme psychischer Erkrankungen, innerer Kündigungen oder aber der Konsumzurückhaltung sind einige wenige Beispiele möglicher negativer Folgen."
Durch die immer wiederkehrenden Nachrichten von permanent drohendem Personalabbau sei das subjektive Empfinden in breiten Teilen der Bevölkerung in pessimistische Bahnen gelenkt worden. Wenn dieses Gefühl mit eigenen Negativerfahrungen korrespondiert, bleibt oft nur der bange Blick in die Zukunft.
Beispiel Matthias Bruns (Name von der Redaktion geändert). Bruns hat die Geschichte seines heutigen Arbeitgebers von den Ursprüngen an hautnah miterlebt, den Wechsel von der Behörde Deutsche Bundespost zum Unternehmen Telekom, sowie die darauf folgenden organisatorischen Einschnitte, die seit Anfang der 90er Jahre meist mit massiven Stellenkürzungen und Umverteilungen verbunden waren. "Alles im Zyklus von rund zwei Jahren", erklärt Elektrotechnik-Ingenieur Matthias Bruns.
Die firmeninterne und meist unfreiwillige Odyssee des heute 47-Jährigen begann in der Netzplanung, führte über die Stellen als Ausbildungsleiter, im Quality Management und als Assistent der Geschäftsleitung bis hin zur Personalentwicklung.
Bruns hat zwar von seinem Brötchengeber noch keinen Hinweis darauf erhalten, dass seine Arbeitskraft überflüssig sei - das flaue Gefühl im Magen aber wächst. Bruns: "Die Verunsicherung ist im Unternehmen eigentlich schon seit Beginn der 90er Jahre spürbar." Die Streuung allerdings hat zugenommen. "Bei den geringer Verdienenden ist die Stimmung schon seit Jahren im Keller. Durch die Ankündigung, 32 000 Stellen abzubauen, haben sich fehlende Motivation, innere Kündigung und mangelnde Identifikationsbereitschaft mit dem Unternehmen bis zu Ingenieuren und anderen leitenden Angestellten hinaufgearbeitet."
Auf den Telekom-Gängen macht kaum noch einer ein Hehl aus seinem Innenleben. "Da wird offen drüber geredet." Vor allem die über 40-Jährigen zeigten mangels Perspektiven Ermüdungserscheinungen, schieben Dienst nach Vorschrift. Die Verunsicherung macht auch vor dem Privatleben nicht halt. Für den Familienvater werden größere finanzielle Transaktionen angesichts der wackligen beruflichen Lage zum wirtschaftlichen Abenteuer.
Wie steht es um die Bereitschaft, den Stellenabbau als wirtschaftliches Muss zu akzeptieren? "Ich versuche, das zu verstehen, aber es fällt mir immer schwerer", erklärt Bruns. "Auf der einen Seite werden hohe Gewinne eingefahren, auf der anderen werden tausende Stellen abgebaut." Und wie soll er, als "normal Beschäftigter", die Aussage deuten: Wenn wir keine Stellen streichen, ist die Existenz des Unternehmens gefährdet. Dann vermengen sich Rat- und Machtlosigkeit mit Anflügen von Angst und Wut.
Beispiel zwei: Fritz Knauer (Name von der Redaktion geändert) ist Mitarbeiter bei der Siemens AG und macht sich Sorgen um die Zukunft des Unternehmens. "Da läuft entschieden was schief", sagt der 43-Jährige und meint damit die Art, mit der das Unternehmen in den vergangenen Jahren Personalabbau beziehungsweise -umbau betrieben hat. Der im Außendienst eingesetzte Meister ergänzt: "Wir verlieren jetzt schon Kunden. Und das Betriebsklima leidet auch, wenn die Dinge nicht so klappen, wie es sein sollte."
Seine eigene berufliche Zukunft sieht der Elektronik-Spezialist nicht bedroht. Sein Fachwissen sei auf dem aktuellen Stand, betont Knauer. Seine Sorgen betreffen ganz anderes: "Ich bin jetzt fast 20 Jahre dabei und kenne mich deshalb auch mit den alten Anlagen aus. Aber kaum noch jemand kann sie warten, geschweige denn reparieren. Ich bin so gut wie der Einzige."
Der simple Grund: Die älteren Kollegen Knauers sind in den vergangenen Jahren fast alle in den vorgezogenen Ruhestand gegangen. Vorruhestandsregelungen machten es möglich, teure ältere Mitarbeiter durch deutlich preiswertere Nachwuchskräfte zu ersetzen. Die brachten zwar frisches Know-how im Umgang mit den modernen Hightech-Anlagen mit, aber sogar in der Münchner Konzern-Zentrale gibt man heute zu, dass sich diese Strategie jetzt rächt.
Denn inzwischen bekomme das Unternehmen, obwohl es zu den beliebten Arbeitgebern im Land gehöre, "nicht mehr die Leute, die wir brauchen". Ganz besonders betreffe das den Führungsnachwuchs. Die Leidtragenden sind Fritz Knauer und seine Kollegen. Sie werden von ihren Chefs zu Kunden mit einem Maschinenpark geschickt, der in den Vorlesungen der studierten Vorgesetzten nicht einmal unter dem Aspekt Technikgeschichte behandelt wurde. Knauer: "Wie sollen die verstehen und dann auch noch dem Kunden erklären, dass wir eine vor 30 Jahren selbst gelieferte Maschine plötzlich nicht mehr reparieren können?"
Um vom Personalabbau betroffenen Mitarbeitern zu helfen, werden so genannte Transfergesellschaften hoch gehandelt. Damit schnellstmöglich eine neue Arbeitsstelle gefunden ist, werden bei Siemens beispielsweise die Personaldatenbanken nach firmeninternen Lösungen durchforstet. Wenn das kein positives Ergebnis bringt, wird Kontakt zu gut 750 anderen Unternehmen aufgenommen, die nach Worten von Siemens-Sprecher Michael Scheuer "unsere Leute mit Kusshand nehmen". Scheuer will "nicht verhehlen, dass nicht jeder vermittelt werden kann". Doch geht man von Vermittlungsquoten von 80 % aus. Davon träumen die Angehörigen anderer Transfergesellschaften. Bei Opel bekam bislang nur etwa jeder fünfte Mitarbeiter auf diesem Weg einen neuen Job.
Dieses Schicksal wollte sich Helmut Rücker aus Magdeburg ersparen. Der Maschinenbauingenieur ist es gewohnt, schwierige berufliche Situationen zu meistern - und fühlt sich gut dabei. Schon seit 16 Jahren lebt er nach der Devise "Hauptsache Arbeit" - und hat mit dieser Einstellung mehrere Firmenpleiten und Betriebsschließungen so gut wie ohne Arbeitslosenzeit überstanden. Heute arbeitet er bei der Labinal GmbH, Weltmarktführer von Flugzeugverkabelungssystemen. Das Unternehmen warb den 55-Jährigen beim Engineering-Bereich des Zeitarbeitsunternehmen adecco ab.
Den Kopf hat Helmut Rücker nie hängen gelassen. Auch eine Art, in die Zukunft zu blicken.
R.-C. HENKEL/W. SCHMITZ